Wie alles begann!
geschichtlicher Rückblick …
Chronik
Die Anfänge
Die Wurzeln der Bergrettungsortsstelle St. Aegyd gehen lt. mündlicher Überlieferung auf einen Kletterer zurück, der sich am 7.11.1923 im Gebiet der Turmmauer beim Göller verstiegen hatte und zu dessen Bergung sich sieben wackere Bergsteiger aus der Region St. Aegyd zur Hilfeleistung zusammengefunden haben.
Die Ortsstelle St. Aegyd war somit als zehnte lokale Stelle des Rettungsausschusses Wien im Rahmen der ÖTK – Sektion St. Pölten gegründet.
Den dürftigen Unterlagen, die die Kriegswirrnisse überstanden haben, kann entnommen werden, dass in den Folgejahren mit bescheidensten und oftmals improvisierten Mitteln gearbeitet wurde – aber dafür mit großem Idealismus und Enthusiasmus.
Als erster Ortsstellenleiter wurde der St. Aegyder Gastwirt August Magritzer gewählt, dem 1929 der Landwirt Hans Hoflehner folgte.
Zu dieser Zeit hat die Ortsstelle 13 Mitglieder umfasst. Die damalige karge Ausrüstung war eine Alpenvereinstrage, ein Wiener Schlitten und einigen Lawinensonden.
Auch die ersten alpinen Meldestellen sind in diesen Jahren eingerichtet – und schrittweise auf 10 Meldestellen ausgebaut worden.
Aus Bergrettung wird Bergwacht
1938 wurde nach dem Anschluss an Deutschland der alpine Rettungsausschuss Wien (ARAW) in die Bergwacht des deutschen Alpenvereines eingegliedert und dadurch auch die Ortsstelle St. Aegyd zu einer Lokalstelle der „Deutschen Bergwacht“.
Mit der Vereidigung als Hilfspolizisten wurde nunmehr auch die bisherige Aufgabenstruktur um allgemeine Ordnungsaufgaben und Naturschutzaufgaben erweitert. Die Suche nach abgestürzten Flugzeugbesatzungen hat auch dazugehört.
Streifendienste wurden eingeführt, der Gramminger – Sitz vorgestellt, einheitliche Anoraks und zusätzliche Lebensmittelkarten wurden ausgefasst. Bereitschaftdienste bei den Göllerrennen und bei den Gaumeisterschaften waren zu stellen. Als Materialdepot und Zentrale durfte der Mannschaftsraum der Feuerwehr St. Aegyd Markt im Feuerwehrdepot mitbenutzt werden.
Während inzwischen 12 Meldestellen das Einsatzgebiet von Terz bis nach Schwarzau abgedeckt haben und das Rettungsgerät aufgestockt und verbessert wurde, hat die Anzahl der Bergwachtmänner in Folge der Kriegsereignisse (eingezogen, vermisst und gefallen) immer mehr abgenommen.
Engagierter Neubeginn
1945 war für die Ortsstelle wieder die Stunde Null!
Über Initiative des jungen Lehrers Alfred Brunner war aber einigen Idealisten die Kameradschaftshilfe am Berg ein so großes Anliegen, dass sie in lockerer Gemeinschaft wieder mit organisierten Such – und Bergeaktionen begonnen haben.
Die Ortsstelle hat sich dem seit 1949 bestehenden Verband Österreichischer Bergrettungsdienst (ÖBRD) angeschlossen und konnte bei der ersten Jahresversammlung am 27.2.1951 schon wieder auf 19 Bergrettungsmänner zählen!
Die Ausbildung wurde systematisiert und 1952 mit der Anschaffung des ersten Metallakjas und 1954 mit der ersten Gebirgstrage der Grundstein zu einer Ausrüstungs-, Ausbildungs- und Qualitätsoffensive gelegt.
Der Schiliftboom
Mit der Errichtung der ersten Schleppliftanlagen in St. Aegyd und am Gscheid in den Jahren 1965 und 1966 hat sich die Anzahl der Bereitschaftsstunden sprunghaft verfünffacht!
Die Anzahl der Schiunfälle hat sich ab diesem Zeitpunkt über viele Jahre bei etwa 15 bis 30 und die der Hilfeleistungen bei 30 bis 70 pro Saison eingependelt und konnte somit nur mehr über eine Neuaufnahmeinitiative abgefangen werden.
1973 war mit 51 Bergrettungskameraden der bisher höchste Personalstand erreicht, denn immerhin waren jedes Wochenende 16 Kameraden im Einsatz. In diese Zeit fällt auch die Errichtung der Bereitschaftshütte beim Schilift Stadlhof in St. Aegyd. Mit der Errichtung des neues Kino – und Veranstaltungsgebäudes konnte das Materialdepot in einen Nebenraum der Theaterbühne übersiedelt werden, der von der Gemeinde St. Aegyd zur Verfügung gestellt wurde.
Spektakuläre Winter- und Sommerbergungen abgestürzter Wanderer und Kletterer haben auch die fundierte Ausbildung in den ÖBRD Winter- und Sommerkursen nachhaltig bestätigt, die für eine Aufnahme in den Bergrettungsdienst verpflichtend eingeführt wurden.
Stellvertretend für die zahlreichen Einsätze, die mit großem persönlichen Engagement und hohem Organsisationsaufwand durchgeführt wurden, werden nachstehend nur zwei erfolgreiche Bergungen herausgehoben:
Am 17.10.1982 war eine Bergsteigerin aus Neulengbach in der Ostwand der Turmmauer abgestürzt. Ihr Begleiter hat sie nur provisorisch gesichert und ist zum Ahornhof abgestiegen, um die Einsatzkräfte zu alarmieren. Die erste Bergegruppe hat die Verunfallte aber nicht mehr am angegebenen Ort vorgefunden, sodass angenommen werden musste, dass die Neulengbacherin noch weiter abgestürzt war. Inzwischen war es auch dunkel geworden, sodass mit Scheinwerfern die Ostwand der Turmmauer ausgeleuchtet wurde, um die Verunfallte zu suchen und raschestmöglich zu bergen. Im Zusammenwirken der Bergrettung St. Aegyd und der Alpinen Einsatzgruppe der Gendarmerie haben um 21:15 Uhr die Bergretter Buder Heribert, Trescher Alfred, Trescher Fritz und Lielacher Friedrich, sowie die Alpingendarmen Wallner und Löffler die Abgestürzte schwerst verletzt in einer wasserführenden Rinne und ohne Bewusstsein aufgefunden. Mit einem Stahlseilgerät und einer Gebirgstrage wurde die Verletzte bis zum Fuß der Turmmauer abgeseilt, der Rettung übergeben und in einen Hubschrauber umgeladen. Die Abgestürzte hat den schweren Unfall nach langer Rekonvaleszenz überlebt. Die hauptbeteiligten Bergretter und Alpingendarmen wurden für ihren vorbildlichen Einsatz vom Landeshauptmann für NÖ, Herrn Dr. Ludwig belobigt.
Im Juni 2000 war ein Stockerauer Wanderer von einem Ausflug nicht mehr nach Hause gekommen. Die von seiner Gattin alarmierte Rettungskette hat seinen PKW in Kernhof gefunden und eine Eintragung des Vermissten im Gipfelbuch des Gllers. Eine Suchaktion unter der Einsatzleitung des St. Aegyder Kameraden Klesl Gerhard jun. wurde eingeleitet, in die insgesamt 4 Bergrettungsortsstellen mit 103 Bergrettern, zwei alpine Einsatzgruppen der Gendarmerie, Suchhunden der Bergrettung und des Roten Kreuzes, sowie Hubschrauber des Bundesministeriums und des Bundesheeres eingebunden waren. Nach 4 Tagen unermüdlichem Suchen wurde der Vermisste stark unterkühlt und mit mehreren Knochenbrüchen vom St. Aegyder Bergretter Willi Fuchs gefunden. Der Herr Landeshauptmann hat bei einem Empfang die Abordnungen der beteiligten Einsatzkräfte anerkennend gelobt und deren selbstlosen Einsatz gewürdigt!
Rasante Weiterentwicklung
Die erste Bergretterin der Ortsstelle St. Aegyd wurde 1996 herzlich in der OSt aufgenommen! Die seit 1983 zunehmende Möglichkeit der Anforderung von Hubschaubern zu Such – und Bergeaktionen hat den OSt – Angehörigen bis heute viele Tonnenkilometer an Tragearbeit (Rackerei) erspart und bedeutet seither für die Vermissten / Verunfallten eine raschere ärztliche Versorgung.
Gleichzeitig ist aber der Schiliftboom langsam abgeflaut, Lifte wurden eingestellt und abgebaut, der Mitgliederstand konnte wieder zurückgenommen werden und hat sich zwischen 35 und 41 Kameradinnen eingependelt.
Auf Grund der Aufteilung des Einsatzgebietes Wien – NÖ in drei Gebiete ist die Ortsstelle St. Aegyd dem Gebiet Mitte zugeordnet worden.
Aufgabenumfang – und Vielfalt haben 2001 die längst überfällige Errichtung einer adäquaten Einsatzzentrale erfordert, die in einem Zubau des ehemaligen Caritas – Heimes ihren derzeitigen Platz gefunden hat.
Früher wurden mit Fahrzeugen der freiwilligen Feuerwehr St. Aegyd Markt Einsätze durchgeführt. Einige Jahre gab es auch ein ausrangiertes Fahrzeug, das von Kameraden für Geländeeinsätze wieder fahrbereit gemacht wurde. 2002 wurde erstmals ein eigenes geländegängiges Einsatzfahrzeug feierlich angeschafft, 2005 kam ein Anhänger dazu. 2015 wurden Auto und Anhänger durch Neue ersetzt.
Funkgeräte, GPS und Lawinensuchgeräte gehören heute schon zum Ausrüstungsstandard einer einsatzbereiten Ortsstelle, zumal seit einigen Jahren St. Aegyd auch als Lawinen – Einsatzzentrale für Niederösterreich-Mitte ausgewählt und ausgerüstet wurde.
Unsere Haupteinsatzgründe sind gestürzte Mountainbiker, verunfallte Tourenschigeher am Göller, erschöpfte Wanderer und verirrte Schneeschuhgeher. Sie kompensieren inzwischen die zurückgehenden Unfallzahlen von Schiläufern. Weil von ehemals vier Liftanlagen nur noch die Göllerlifte in Betrieb sind.
Die Ausbildung wurde immer wieder reorganisiert und spezialisiert, wobei St. Aegyd von den 70- er Jahren an hochqualifizierte Lehrwarte gestellt hat, die über enormes Fachwissen verfügen und für die Ausbildung der NÖ – BergretterInnen große Verantwortung tragen!
PC und Beamer erleichtern inzwischen die gesamte Verwaltung und das Reporting. 2017 wurde das in die Jahre gekommene „EIS“ durch „SyBOS“ ersetzt. Damit verwaltet die Ortsstelle Übungen, internen Schulungen, Einsätze, Material und Personal.
Diese 12 bis 15 ortsstelleninternen Übungen und Lehrgänge pro Jahr gehören neben den Landeskursen zum ständigen Ausbildungs“muss“ der Ortsstellenangehörigen zur Aufrechterhaltung und ständigen Verbesserung der Einsatzbereitschaft.